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Finissage am Sonntag, 26. Juli 2015

Über zwei Wochen hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit, sich im Ausstellungsgebäude des Regierungspräsidiums am Rondellplatz mit dem vielschichtigen Kunstwerk von Enno-Ilka Uhde „Back to Bambi“ auseinander zu setzen. Das faszinierende Studium der 301 Stelen war eine erlebnisreiche Zeitreise durch 300 Jahre Karlsruher Stadtgeschichte.
Bei der Finissage konnte Stiftungsvorstand Klaus Lindemann zahlreiche Ehrengäste begrüßen. Unter ihnen Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Bürgermeister Michael Obert, Ehrenbürger und Oberbürgermeister a.D. Heinz Fenrich, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Elke Ernemann, Kurt Bickel, Kreisverbandsvorsitzender des DRK, Professor Robert Mürb, Vorsitzender der Landesvereinigung Baden in Europa, die Karlsruher Unternehmerin Melitta Schöpf, Eberhard Oehler, Chef der Stadtwerke Ettlingen und Mitglied des Majolika-Stiftungsrates, Bernhard Burger, Vorsitzender des Vereins Sonnenfächer Karlsruhe, Professor Axel Göhringer, die Künstlerin Franziska Schemel, das Künstlerehepaar Gautel, Galerist Alfred Knecht, Robert W. Huber, Vorsitzender des Außenwirtschaftsausschusses der IHK Karlsruhe, Reinhard Hofmann, Internationales Wirtschaftsforum Baden-Baden sowie den Hausherrn und Ausstellungsmanager des Regierungspräsidiums Werner Lerch.
Stark beeindruckt von Uhdes „Back-to-Bambi“ Kunstwerk zeigte sich Oberbürgermeister Dr. Mentrup nach einem Rundgang durch die weitläufige Ausstellung. In seiner Ansprache bezeichnete der Oberbürgermeister die 300-Stelen-Installation als einen außergewöhnlichen Beitrag zum Stadtgeburtstag. Als sehr gelungen und sinnträchtig sei die Kombination von künstlerisch gestalteter Stele und dem unverwechselbaren Bambi-Kopf der Majolika, der jede Stele ziere und jedes Jahr der Stadtgeschichte gewissermaßen auszeichne, so wie es der zehn Jahre in Karlsruhe vergebene Bambi-Filmpreis getan habe. Dr. Mentrup sprach die Hoffnung aus, dass es gelingen werde, für die Zukunft der Majolika gute Lösungen zu finden.

Fotografische Impressionen der Finissage

von Anne Kup

 

Vernissage am 10. Juli 2015

Die Vernissage zu Enno-Ilka Uhdes Kunstinstallation „Back to Bambi“ fand eine überaus lebhafte Resonanz. Mehr als 500 Gäste kamen in das Ausstellungsgebäude des Regierungspräsidiums am Rondellplatz in Karlsruhe, um hier das rund 140 m lange, mit künstlerisch gestalteten Themen zur Stadtgeschichte bestückte Stelenband von 1715 bis 2015 zu bestaunen. In  seiner Begrüßungsansprache würdigte Stiftungsvorstand Klaus Lindemann das faszinierende Werk als eindrucksvollen Beitrag der Majolika zum Stadtgeburtstag und dankte allen sehr herzlich, die zum guten Gelingen dieser ungewöhnlichen Arbeit beigetragen haben.
Auch Erster Bürgermeister Wolfram Jäger hob die beeindruckende künstlerische Leistung hervor, die durch eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Majolika Manufaktur und Enno-Ilka Uhde möglich wurde.
Der Vorstand der Stiftung nutzte das illustre Forum der Vernissage, um nochmals mit großem Nachdruck die Bedeutung der Majolika Manufaktur für die Stadt Karlsruhe hervorzuheben. Die Majolika sei seit ihrer Gründung im Jahr 1901 ein kultureller Leuchtturm der Fächerstadt. Deshalb müsse alles getan werden, um nach der geplanten Umstrukturierung den Fortbestand dieser traditionsreichen Kunstinstitution für die Zukunft zu sichern. Lindemanns Plädoyer wurde mit lang anhaltendem Beifall der Gäste  bedacht, die damit zugleich ihre Verbundenheit zur Majolika zum Ausdruck brachten.

Fotografische Impressionen der Vernissage

von Viola Kup

 


ZKM-Chef Peter Weibel zum Uhde-Majolika-Projekt

Enno-Ilka Uhdes Back to Bambi – Geschichtsbewusstsein in der Kunst

Die Geschichte der klassischen Malerei war seit dem 17. Jahrhundert bestimmt von einer Hierarchie der Gattungen. An erster Stelle stand die Allegorie, die symbolische Überhöhung abstrakter, religiöser oder philosophischer Sachverhalte. An zweiter Stelle stand die Historienmalerei, die geschichtliche Ereignisse, Schlachten und andere wichtige Ereignisse verewigte. Der künstlerische Schwierigkeitsgrad dabei war hoch, denn es bedurfte der Darstellung von Bewegungen von Menschen und Tieren, von perspektivisch erfasster Landschaft, von Ansammlungen von Objekten, so dass die Historienmalerei alle anderen Gattungen und Genres inkorporierte.

Gefolgt wurde die Historienmalerei vom Porträt, dem Diktat der Mimesis, der Übereinstimmung und Ähnlichkeit des menschlichen Antlitzes, und dem Stillleben aus Dingen oder Tieren, also von Objekten, die sich nicht bewegten und stundenlang studiert und abgemalt werden konnten. Am Ende der Hierarchiestufen stand die Landschaftsmalerei. Auch sie stellte schwierige Herausforderungen an die Maler wie die Bewegung der Wolken, die Darstellung von Wetterphänomenen, von Licht und Schatten, aber auch von Tieren und Vegetation.

Mit der Moderne wurde diese Hierarchie zerstört. Paul Cézanne, einer der Väter der Moderne, malte hauptsächlich Stillleben oder Landschaften wie den Mont Sainte-Victoire. Daher bevorzugten dann seine geistigen Schüler auch hauptsächlich Stillleben. Durch die auf den Kubismus folgende Abstraktion kam es zur reinen Selbstdarstellung der Darstellungsmittel der Malerei. Wie in der Schrift Punkt und Linie zu Fläche (1926) von Wassily Kandinsky programmatisch formuliert, dienten fortan Punkt, Linie, Fläche und Farbe nicht mehr der Darstellung der sichtbaren Gegenstandwelt, sondern der Darstellung ihrer selbst: Die Linie als geschwungene oder gerade Linie, die Farbe als Eigenfarbe etc. In diesem Klima der Abstraktion wurde die gegenständliche Malerei als rückständig verworfen, allen voran die Historienmalerei. Wenn sich fortan ein ostdeutscher Maler wie Werner Tübke der monumentalen Historienmalerei widmete, dann wurde er aus dem westlichen  Pantheon der Kunst als Reaktionär verstoßen. Ende der 1960er-Jahre begann der nächste Schub der Abstraktion, als das Bild ersetzt wurde durch Text zum Beispiel durch die britische Gruppe, die sich den bezeichnenden Namen Art and Language gab.

In dieser Klammer zwischen Primat des Bildes einerseits und dem Primat des Textes andererseits entwickelte sich das Laboratorium der Malerei der zweiten Jahrhunderthälfte. Einige Künstler wie On Kawara versuchten, sich aus dieser Klammer zu lösen. Cy Tombly verwandelte in seinen Schriftbildern lesbare Worte und freie Linie zu grandiosen Gemälden. On Kawara hat für die Historienmalerei eine originelle Lösung mit seinen Date Paintings gefunden. Er hat jeden Tag ein Bild gemalt mit dem Datum des Tages, an dem er das Bild malte, und in der Größe, die ihm an diesem Tag zur Verfügung stand. Das Bild wurde also zu einem Schriftbild, die Historie, die Geschichte des Tages, lagerte er aus in Vitrinen mit darin eingelagerten Zeitungen, aus denen man entnehmen konnte, was an diesem Tag in der Welt passiert war. On Kawara hat also die Geschehnisse der Gegenstandswelt aus dem Bild verbannt, aber gleichzeitig in die Bildkonzeption eingebunden, indem er gleichsam als erweiterte Bildunterschrift textliche und fotografische Originalkommentare zu diesem Datum in die Vitrine legte und die Tageszeitung zu einem Kunstobjekt werden ließ.

Enno-Ilka Uhdes Werk Back to Bambi steht in dieser Tradition der Reflexion des Schicksals des Historienbildes, und bringt zugleich einen eigenen künstlerischen Ansatz zum Ausdruck, der in dreifacher Hinsicht kunstgeschichtliche Prägungen transzendiert. Erstens bildet der Bildhintergrund bei ihm keine Malerei, sondern Stelen. Stelen sind Erinnerungstafeln, Memento Mori (lat., Gedenke des Todes!), Grabmäler der Geschichte, Gedächtnisstützen der Erinnerung. Das Datum auf einer Stele sagt uns sofort rein visuell: Tempi passati (ital., vergangene Zeiten). Hier steht ein Denkmal einer vergangenen Zeit, und mit dem Datum vergangen sind auch die Ereignisse. Aber Enno Ilka Uhde lagert die Ereignisse nicht aus wie On Kawara, er belässt sie im Bild in Form der Stele. Anders als die Künstler der Prämoderne malt er die Ereignisse nicht, sondern setzt diese in Text und Schriftform in Szene. Zweitens verknüpft er lokale Ereignisse mit globalen Ereignissen, wodurch also die Stadtgeschichte Karlsruhes parallel zur deutschen, europäischen und gelegentlich zur Weltgeschichte geschrieben wird. Eine Synopsis zeitgleicher Geschehen wird erzeugt. Lokale und globale Nachrichten aus der Technik-, Philosophie-, Kulturgeschichte und aus der Politik mischen und kommentieren sich.

Das Verfahren, das wir aus dem Medium Film kennen, nämlich die Überblendung zweier Ereignisse, und die in der Malerei Ende der 1920er-Jahre von Francis Picabia und heute von Sigmar Polke als Transparenzen erprobt wurden, führt Enno-Ilka Uhde auf der Textebene weiter, indem er Ereignisse in Form mehrerer Texte überblendet. Es wird schriftlich berichtet über ein Ereignis in der Welt und über ein Ereignis in Karlsruhe. So kehrt die Historienmalerei wieder, ohne dem Verdikt der Modern zu verfallen, das die Historie verbannte und verbot.

Umgekehrt unterwirft sich Enno Ilka Uhde aber auch nicht der Tradition der Historienmalerei, da er sie mit Mitteln der Moderne transponiert, gewissermaßen vom Medium der Malerei des 19. Jahrhunderts ins Textmedium der Malerei des 20. Jahrhunderts überführt. Nachdem Karlsruhe 300 Jahre feiert, gibt es also 300 Stelen als eine Chronologie der Stadt und damit zugleich eine Chronologie der Welt.

Zu dieser kunsthistorischen Verschränkung, die einen Streit – die Querelle des Anciens et des Modernes – zwischen dem Alten und dem Neuen schlichten möchte, kommt im Werk von Enno-Ilka Uhde noch ein skulpturales Element prägend hinzu. Die von der Majolika hergestellten Bambi-Köpfe verwandeln die Stelen, die eigentlich nur erweiterte, moderne Gemälde sein sollten, aber in der Tat bereits in ihrer Anlage eine Skulptur sind, in tatsächlich plastische Gebilde: Die Stele wird zur Wand, an der ein Kopf hängt. Da wir hängende Tierköpfe nur von Wänden kennen, wird die Stele durch den Bambi-Kopf rückwirkend zum Teil einer Wand. Die 300 Stelen bilden also ein Art Wandgemälde, das von kurzen, rhythmischen Intervallen unterbrochen ist. Sie bilden einen Zaun aus Stelen, der 300 Jahre eingrenzt und umfriedet. Die Stelen mit den Bambi-Köpfen sind also ein großformatiges, dichtes Fries, das uns von der Geschichte der Welt und von Karlsruhe berichtet.

Der Einbezug des Bambi im Werk von Enno-Ilka Uhde erweitert das Historienbild mit den Stelen in die Dimension der Skulptur, also in den Raum. Der Künstler vereint somit nicht nur verschiedene Gattungen in der Tradition der Malerei, sondern auch verschiedene Gattungen der bildenden Kunst und schafft so ein Gesamtkunstwerk. Dieses Werk, das die Geschichte der Stadt Karlsruhe und die Tradition des BAMBI als eines der signifikantesten Produkte Karlsruhes würdigt, auch wenn dies nicht bekannt ist, besitzt ebenso Erinnerungsfunktion wie es durch seinen seriellen Reihungscharakter eine mehrfache zeitliche, fast musikalische Ausstrahlung birgt. Als Kunstwerk, dem die Fusion von kulturell signifikanter Ereignishaftigkeit mit dem anmutungsreichen Symbol dieses deutschen Medienpreises gelingt, mit dem seit Jahrzehnten Menschen ausgezeichnet werden, deren Visionen und Erfolge medial sichtbar geworden sind, verweist die Arbeit Enno-Ilka Uhdes in die Zukunft der medialen Kreativität. Es ist bezeichnend für diese Kreativität, dass die unterschiedlichen Kunstformen einander als bereichernde Inspirationen dienen, um Neues entstehen zu lassen. Auch die Zukunftsstadt Karlsruhe weist diese multimediale Kreativität aus, von der richtungsweisende Impulse nach außen dringen und in der sich lokale und globale Inspirationen zu vielschichtigen wie transparenten Zusammenhängen profilieren.


Fotografische Impressionen von der offiziellen Vorstellung des Projektes "Back to Bambi" in Bruchsal

von Jörg Reimann

 

"Back to Bambi" auf der art Karlsruhe 2015

2015 ist für Karlsruhe ein Jubiläumsjahr. Die Fächerstadt feiert ihren 300. Geburtstag. Auch die Majolika ist dabei, hat sie doch 114 Jahre der Stadtgeschichte mit gestaltet. Viele bedeutende Künstlerinnen und Künstler der verschiedenen Kunstepochen haben in der Majolika Manufaktur Keramik-Arbeiten geschaffen, die in ihren unverwechselbaren Ausdruckformen stilprägend waren, hoch geschätzt in aller Welt.
Das Jubiläumsprojekt der Majolika zum Stadtgeburtstag ist außergewöhnlich.
Es handelt sich um 300 Erinnerungsstelen, die die Stadtgeschichte im Kontext zu anderen Ereignissen der Welt Jahr für Jahr auf markante Art und Weise nachzeichnen. Titel der Installation: "Back to Bambi". Geschaffen hat sie der bekannte Karlsruher Künstler Enno-Ilka Uhde.
Auf jedem der 220 x 40 cm großen Paneelen erinnert ein Bambi-Kopf an diese seit 1936 in der Majolika gefertigte Figur der Künstlerin Else Bach. Nebeneinander gestellt, bilden die 300 Einzelbilder eine eindrucksvolle 120 m lange Zeitschiene.

Offiziell vorgestellt wurde das Uhde-Majolika-Projekt am 28. Februar
in der großen Atelierhalle des Künstlers in Bruchsal. Auch auf der art Karlsruhe am Stand der Majolika Manufaktur wurde es präsentiert.